Graz (A), 2012
ENTWURFSGEDANKEN UND GRUNDLAGEN
Für den Patienten ist ein Krankenhaus in der Regel ein Ort der Ausnahmesituation, verbunden mit Ängsten und Hoffnung, Freud und Leid, Unsicherheit aber auch Sicherheit – ein Ort mit hoher emotionaler Dichte. Für das Personal ist es der Arbeitsplatz, an dem man jeden Tag seiner Aufgabe in einem möglichst angenehmen und effizienten Umfeld nachgehen möchte. Gleichzeitig haben Krankenhäuser höchste Anforderungen an Prozess- und Kosteneffizienz.
Jede Entscheidung in Planung und Konzeption hat später sehr große Auswirkung auf den Aufwand im laufenden Betrieb. Dieser letzte Aspekt determiniert leider bei vielen Krankenhäusern das Gesamtbild und macht diese zu unpersönlichen Orten, denen man sich als Benutzer, Patient aber auch als Personal ausgeliefert fühlt. Unser Ziel ist es, ein hocheffizientes, flexibles und ablaufoptimiertes Gebäude zu schaffen, in welchem aber Benutzerfreundlichkeit und Atmosphäre im Vordergrund stehen. Ein Ort, der die Heilung durch seine psychologische Wirkung unterstützt und auch ein angenehmes Arbeitsumfeld bietet – ein Ort für die Benutzer.
KONZEPT
Licht, Materialität, Farbe und die Einbeziehung des umliegenden Parks bzw. Grünraumes in das Gebäude sind die Ausgangspunkte dieses Entwurfes.
Baukörper > System, Effizienz, Orientierung
Das Gebäude ist als Doppelflursystem, welches in zwei Abschnitte gegliedert ist, konzipiert. Es steht parallel zum bestehenden Trakt und ist im 1 OG über eine Stahlbrücke mit diesem verbunden. Zentral in jedem Abschnitt sind jeweils der Stationsstützpunkt mit Nebenräumen bzw. im Ambulanzbereich der Empfang und die Leitstelle situiert.Um diese Zentren gliedern sich konzentrisch zuerst Patienten- und Untersuchungsbereiche und dann Neben-, Versorgungs- und Aufenthaltsräume.Dieses Grundsystem bietet kurze Wege und eine einfache Orientierung und ermöglicht zudem optimierte Arbeitsabläufe.
Überlagerung mit dem Außenraum & Tageslicht
Das gesamte LSF, und speziell der Bauplatz, liegt in einer sehr schönen, weitläufigen Parklandschaft mit hoher Außenraum- und Aufenthaltsqualität. Um diese Qualitäten in das Innere des Gebäudes zu holen, wird das Grundsystem mit Atrien und Ein- und Ausschnitten überlagert, welche sich auch aus der Funktionsverteilung ergeben. Sie können somit als Terrassen, Vorfahrt und Therapiegarten genutzt werden. In den Atrien wird das Tageslicht zusätzlich durch hochreflektierende Flächen in die Geschosse gelenkt. Die Funktionen werden in ihrer vorgegebenen Größe übereinander geschichtet. Durch die ungleiche Größe ergeben sich Vor- und Rücksprünge, die im nächsten Schritt genutzt werden können. Der größte Einschnitt befindet sich beim Haupteingang, welcher zweigeschossig und überdacht ausgebildet werden kann.So entsteht ein Spiel aus Innenraum und Außenraum mit viel Tageslicht und verschiedensten Bezügen zum Außenraum.
Zimmer und Fassaden
Die Zimmer und Patientenbereiche haben großzügige Verglasungen mit einem mobilen, außen liegenden Sonnenschutz.Diese Glasfronten sind um ca. 60cm nach außen gerückt. Dadurch entsteht eine als Leseplatz, Sitzbank, etc. nutzbare Fensternische, die starken Bezug zum Park aufweist bzw. den Bezug der Patientenbereiche zum umliegenden Park verstärkt. Diese Nische wird durch einen Holzrahmen gefasst. Das Motiv des Rahmens gibt die Gestaltung der Zimmer vor. Die anderen Bereiche haben einfache – je nach Nutzung dahinter – dimensionierte Fenster bzw. Fensterbänder. Diesen werden Lamellen als fixer Sonnenschutz vorgesetzt. Zusätzlich gibt es die Option mobiler Verschattung und Verdunkelung in Form eines außen liegenden mobilen Sonnenschutzes.
Materialien, Farben und Orientierungssystem
Es werden möglichst helle, freundliche Farben und natürliche Materialien soweit möglich verwendet (Holz für Möblierungen und Verkleidungen, Kautschuk und Stein für Böden, Wände in Weiß, Stahlteile in Niro). Diese ergeben einen warmen, neutralen Rahmen für das grafische Orientierungssystem. Das Orientierungssystem selbst funktioniert über eine einfache, in jeweils verschiedenen Farben gehaltene Grafik aus floralen Motiven, welche auf dem Weg zur Station und in der Station immer wieder an Wänden, Decken, Türen etc. auftauchen. An neuralgischen Punkten werden diese Symbole mit dem jeweiligen Schriftzug unterlegt.
Außenraum
Der umgebende Park gibt die Idee der Gestaltung der Außenanlagen vor. Die Wege und Flächen des Parks werden ergänzt. Eine großzügige Vorfahrt führt zum Haupteingang. Die noch nicht ausgebaute Fläche der Drittnutzer bietet jetzt eine überdachte Fläche, die als Therapiegarten auch bei Schlechtwetter nutzbar ist.
FUNKTIONEN
Der ganze Baukörper basiert auf einem einfachen Doppelflursystem mit vier Atrien und einer Haupterschließungsvertikale. Die Funktionen werden nach den Vorgaben der Auslobung auf die Geschosse verteilt. In den einzelnen Geschossen werden leichte Abänderungen vorgenommen:
EG:
Im Erdgeschoss befinden sich Empfang, Ambulanz, Röntgenbereich und Cafeteria. Der Bereich Lobby, Leitstelle und die Wartebereiche sind im vorderen Bereich zweigeschossig und stellen sich so als großzügige Empfangsgeste des Gebäudes dar. Der Bereich für die Drittmittelbeteiligungen wird vorerst nicht ausgebaut, da dies im Budgetrahmen nicht möglich ist. Dieser Bereich wird inzwischen als überdachter Therapiegarten/ Therapiebereich genutzt. Das Café schließt an diesen Bereich an. Der Haupteingang befindet sich bei der zentralen Leitstelle. Ein eigner Eingang für die Rettung und später ein eigener Eingang für Drittnutzer kann einfach realisiert werden.
OG1:
Hier findet die größte organisatorische Abweichung zu den Vorgaben der Auslobung statt. Im ersten Obergeschoss bilden Intensivmedizin und Ambulanz/Endoskopie in einem Flügel eine medizinische Einheit, welche so Synergien bieten kann. Hier befindet sich eine Reservefläche von 208m2 welche in diesem Schritt bereits realisiert wird. Gegenüber wird die Verwaltung platziert. Diese füllt nicht den gesamten Flügel aus und bietet so die Möglichkeit, den Eingangs/Empfangsbereich zweigeschossig zu gestalten. Eine Brücke verbindet auf diesem Geschoss den Neubau mit dem Bestand.
OG2:
Auf diesem Geschoss befinden sich die beiden Internistischen Pflegestationen.
OG3:
Hier befinden sich die AG REM Stationen mit dazwischen liegenden Therapiebereich. Angeschlossen an diesen Therapiebereich ist eine großzügige Dachterrasse, die als Therapiegarten genutzt werden kann.
TAGESLICHTKONZEPT
Für die Beleuchtung der im Inneren des Gebäudes befindlichen Räume mit Tageslicht sind im Entwurf vier Atrien mit einer Grundfläche von ca. 22m² vorgesehen. Durch diese gelangt das Tageslicht vom Dach aus bis zum Erdgeschoss. Da das diffuse Tageslicht mit der Raumtiefe stetig abnimmt, wird vorgesehen, das Sonnenlicht für die Beleuchtung der Räume im Inneren des Gebäudes zu nutzen. Durch die hohe Intensität des Sonnenlichtes wird ein heller und freundlicher Raumeindruck geschaffen. Zusätzlich wird mit Hilfe von Dispersionsprismen oder -Scheiben das Sonnenlicht in einzelne Sonnenflecken und in die spektralen Farben des Tageslichtes zerlegt. Infolgedessen wird auch ohne Sichtkontakt nach außen ein Tageslichtrhythmus spürbar. Um das Sonnenlicht in die Raumtiefe zu transportieren, werden auf dem Dach zwei Umlenkspiegel installiert. Der erste Spiegel wird dem Sonnenverlauf des Tages nachgeführt. Dieser spiegelt das Sonnenlicht auf einen zweiten starren Spiegel, welcher über dem Atrium installiert ist. Über diesen gelangt wiederum das Licht in die Tiefe des Atriums. Damit die angrenzenden Räume an das Atrium genügend Tageslicht erhalten, wird mit Hilfe von so genannten „Umlenkschwertern“ das benötigte Licht aus dem Atrium abgezapft und blendfrei in den Raum gespiegelt. Je nach Raum kann das Licht über eine diffuse Decke im fensternahen Bereich aufgestreut werden oder durch einen Aluminiumstreifen weiter in die Raumtiefe reflektiert werden. Durch diese Maßnahme können die Zuschaltzeiten des Kunstlichtes und somit auch die benötigte Energie reduziert werden. Die Flure werden über die vorgesehenen Fensterflächen mit Tageslicht versorgt.
Typ: Krankenhaus
Standort: Graz (A)
Jahr: 2012
Wettbewerb: 2. Preis, 2012
BGF: 8.900 m²